Allein unter Frauen

23.04.2008 - Stefanie Claudia Müller - scm-communication 

Dieser Mann hat so gar nichts von einem Spanier: Er ist groß, hat blauen Augen und blonde Haare und gilt als blando (weich), wo die meisten Spanier doch als bruto (hart und roh) gelten. Dann hat er auch noch eine sehr moderne Frau mit kurzen Haaren, die alles tut, um nirgendwo in der Presse aufzutauchen und das auch erreicht. 

José Luis Rodríguez Zapatero ist auch kein typischer Frauenheld, wie man es vielleicht einigen Spaniern nachsagen kann, die ihre angeheirateten Frauen trotz dem sonntäglichen Besuch in der Kirche nach Strich und Faden betrügen, sondern ein so ganz anderer Weiberheld. Er ist vielleicht auf dem ganzen Globus der erste männliche Feminist. Ich kenne keinen Politiker, der stärker für Frauenrechte eintritt als der spanische Premier, wenn auch nicht immer erfolgreich, aber er setzt Zeichen in einer Gesellschaft, die immer noch (wie viele andere Länder auch) von vielen Macho-Allüren gezeichnet ist, vor allem von Madrid aus gen Süden (jetzt, wo ich es schreibe, habe ich eigentlich noch nie von einem tödlichen Eifersuchtsdrama im Baskenland oder Galicien gehört, es war sehr oft Andalusien, Valencia oder Murcia...vielleicht hat das was mit dem hitzigen Temperament zu tun..). 

Zapateros Politik, so umstritten sie auch sein mag, bewegt etwas in diesem in vielen Dingen so zugeschnürten Land. Gerade hat Spaniens Post zum Beispiel eine Briefmarke gegen Mißhandlung herausgebracht, die wirklich beeindruckend ist. “Wenn Du Mißbrauch siehst, dann hab kein Mitleid, sondern ruf die 016 an!” steht da drauf. Ein wichtiges Thema, da hier sehr gerne bei Problemen weggeschaut wird, auch in der eigenen Familie.

In seiner Antrittsrede zur zweiten Legislaturperiode hat Zapatero das Thema Misshandlung erneut prominent aufgegriffen und damit Zeichen gesetzt: “Alle Machos in diesem Land sollen wissen, dass wir nicht mehr tolerieren werden, dass hier auch nur ein Mann die Hand gegen eine Frau erhebt.” Das sind mutige Worte. Sie haben leider nicht immer den Effekt, den sich Zapatero wünscht. Weil leider auch viele Falschanzeigen bei den Polizeistellen auflaufen. All das hat jüngst der Radiosender Cope erfahren, er musste sich entschuldigen, weil er einen PSOE-Politiker angeschwärzt hatte, der gemäß eines Urteils seine geschiedene Frau geschlagen habe. Seine Ex-Frau hat jedoch zugegeben, dass sie die Anzeige gegen ihn auf Druck der eigenen Anwältin eingereicht hat. Schwarze Schafe gibt es leider immer. 

Leider haben die echten Anzeigen ebenfalls nicht den richtigen Effekt, weil gerade nach Denunzierungen, wie die Statistiken zeigen, die Täter komplett durchdrehen. Nach dem Motto: Jetzt ist mir alles egal, ich bring sie um und mich gleich mit! Aber auf jeden Fall hat Zapatero auch in diesem Bereich mit seiner mutigen Politik eine wichtige Debatte angestoßen. Und er beweist Kontinuität und Hartnäckigkeit bei seinem Einsatz für Frauen, so hat er das Ministerium für “Igualdad – Gleichberechtigung” geschaffen. Ich weiß nicht, ob es das in irgendeinem anderen Land in dieser Form gibt. Noch besser wäre jedoch gewesen, er hätte einen Mann an die Spitze gestellt, als Vorbildfunktion. Vielleicht in der nächste Legislaturperiode... 

Vielleicht erinnert sich Zapatero dann auch wieder seiner Freunde, denn derzeit pflegt er ja vor allem seine Freundinnen. Aus der spanischen Vetternwirtschaft, macht er eine "Freundinnenwirtschaft". Denn sonst ist es wohl kaum zu erklären, dass er auf Gedeih oder Verderb, soviele Frauen wie möglich ins Kabinett geholt hat. Acht Ministerinnen hat er sich erlaubt, vielleicht weil die besser mit einem "blando" können. Männer sind erstmals in der Minderheit im spanischen Kabinett. Auch das dürfte weltweit nicht so leicht wiederzufinden sein. 

So wird aus dem “Macholand” dank Zapatero noch ein regelrechtes Feministenland, was den ultra-konservativen Radiosender Cope bereits auf die Palme bringt. Dort regt man sich vor allem über die hochschwangere Verteidigungsministerin Carme Chacón auf. Tatsächlich kann man sich da fragen, ob Mr. Bean alias Zapatero, da nicht ein bißchen übertrieben hat mit seinen weiblichen Vertrauensbeweisen. Wenn er ihr jetzt aber auch noch die vier Monate Mutterschutz gewährt, dann muß ich persönlich sagen: Chapeau! Dieser Art von Weiberheld gefällt mir.....

Kommentare (5) :

Kommentar von Carsten 24.04.2008

Kommentar von stefanie 27.04.2008

Kommentar von Ralf 27.04.2008

Kommentar von stefanie 28.04.2008

Kommentar von Sigrid 19.06.2008

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