Mietwohnungen in Madrid sind unerschwinglich

19.05.2007 - Isabelle Birambaux - Redakteurin Dowjones 

Wenn man so wie ich an die Berliner Mietverhältnisse gewöhnt ist, kann sich die Wohnungssuche in Madrid als ein richtiger Alptraum erweisen und man kann dabei nahezu den Kopf verlieren. Der Grund dafür sind die exorbitanten Mietpreise. Auf dem Madrider Wohnungsmarkt muss man für die kleinste Wohnung mit mindestens 500 Euro rechnen.Das ist soviel wie ich vor fünf Jahren für eine renovierte Zwei-Zimmerwohnung mit Balkon in der Nähe von dem Berliner Nollendorfplatz bezahlt habe. Verdienen die Spanier so gut, dass sie sich solche Wohnungen leisten können? Die Antwort ist schlicht und einfach nein. Im Gegenteil, unter den Europäern sind sie die, welche am wenigsten verdienen. Der Mindestlohn liegt bei knapp 700 Euro, während er in Frankreich bei 1 000 Euro liegt.Aber wie funktioniert die Wirtschaft in Spanien, wenn die Leute zu wenig Geld verdienen und zu hohe Miete zahlen?, fragte mich verblüfft meine Berliner Freundin Christine, als ich versuchte zu erklären, wie die Situation auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt aussähe. Einfach unvorstellbar für diejenigen, die die deutsche Hauptstadt kennen.Nach vier Jahren Aufenthalt in Spanien, fang ich an, mir die gleiche Frage zu stellen: Wie machen sie das? Und ich frage mich auch mehr und mehr, warum alle europäischen Länder nach dem sogenannten spanischen Wirtschaftswunder schauen. Wie kann man mit einem so geringen monatlichen Gehalt, solche horrende Mietpreise zahlen: Es ist für mich wie die Quadratur des Kreises !!!Ob es sich um ein Wirtschaftswunder handelt, weiss ich nicht, aber es ist wirklich ein Wunder, dass es scheinbar funktioniert. Der Preis für dieses Modell ist allerdings sehr hoch, da die Mehrheit der Spanier noch bei ihren Eltern wohnen, wenn sie sogar über 30 Jahre alt sind. Und warum? Weil sie sich einfach keine Mietwohnungen leisten können und weil sie noch dazu von ihrem Mini-Lohn sparen können, da Papa und Mama für das Essen und Miete sorgen.Dieses Modell hat sich einfach in der spanischen Gesellschaft eingebürgert. Dazu kommt, dass 80 Prozent der Spanier Eigentümer sind. Viele haben ihre Wohnung gekauft, als die Preise noch niedrig waren und sich durch die Wertsteigerung reich geworden.Diese explosive Mischung ist der Alptraum der ausländischen Wohnungssuchenden geworden, dessen Papa und Mama weit weg wohnen und die sich seit langem von dem Familienschoss emanzipiert haben. Da hier einige Sachen nicht so funktionieren, wie man es von anderen europäischen Landern gewöhnt ist, rate ich jedem Wohnungssuchenden entweder viel Geduld zu haben oder auf viel Glück zu setzen oder einfach das nötige Kleingeld mitzubringen, um sich selber eine eigene Wohnung zu kaufen, deren Preise zur Zeit einfach unreichbar geworden sind.Man beachte auch, dass ausländische Bürgschaften (wie ein Haus in Berlin oder Paris) in Spanien nicht anerkannt werden. Deswegen sollte man zuerst zumindestens eine dicke Summe auf dem Tisch legen, um überhaupt Zugang zum Eigentum zu haben. Denn hohe Schulden kann man sich bei steigenden Zinsen nicht leisten. Da gerät man wieder mit der vorhin erwähnten Quadratur des Kreises.Wenn man sich auf Wohnungssuche hier begibt, muss man sich gar nicht wundern über die Inhalte der Anzeigen, dass zum Beispiel einige Leute drei Monate Mietvorauszahlung verlangen, ist keinesfalls ein Witz, sondern ist es teilweise eine ziemlich häufige Voraussetzungen. Fast alle Wohnungen, die über Wohnmakler laufen, verlangen sie oder einen Aval der gleichen Summe auf einem Bankkonto. Dazu kommen die Kaution und natürlich die Kommission der Agentur.Dann, wenn man es schafft, trotz ausländischem Akzent als wohnungstauglich zu gelten, einen Termin zu vereinbaren, kann man einige Überraschung erleben. So wie dieser Mann, der mir im Dunkel eine Wohnung in Goya zeigte, weil es keine Strominstallation gab und suchte sich einen tonto (dummer Kerl), der das an seiner Stelle machen würde; was allerdings total ilegal ist. Aber wer kümmert sich schon in Spanien, ob die Sachen legal sind oder nicht ?Oder wie dieses unverschämte Ehepaar, das mir eine Erdgeschosswohnung in der Calle Lavapies besichtigen liess und sich empörte, dass ich den Wunsch äusserte, ihren alten Möbelkrempel (den ich mit der Wohnung übernehmen sollte) einfach ansehen zu wollen, bevor ich den Mietvertrag unterschrieb, den ich natürlich nur am Tag der Schlüsselabgabe ansehen dürfte. Sie hatten überhaupt kein Verständnis dafür, dass ich die Wohnung nach meinem Geschmack dekorieren wollte. Die in einem knalligen Wiesengrün neu gemalte Küche hatte mir schon ein Paar Zweifel darüber gegeben, dass wir über einen ähnlichen Geschmack verfügten.Ich sollte einfach so wie eine Tochter mich anständig benehmen, alles akzeptieren, was sie verlangen: die alten Möbel, die ich nicht ansehen dürfte, annehmen, möglichst lange bleiben und mich überhaupt keine Sorgen machen, dass diese Erdgeschosswohnung einfach über keine Fenstergitter verfügte. Schliesslich hätte sie 30 Tage lang die Wohnung aufgelassen und niemand wäre reingekommen. Für diejenigen, welche die Calle Lavapies nicht kennen, sollten wissen, dass hier Drogenhandel stattfindet.

Kommentare (6) :

Kommentar von Volker 23.05.2007

Kommentar von Alexandra 25.05.2007

Kommentar von Volker 26.05.2007

Kommentar von Alexandra 01.06.2007

Kommentar von Stefanie 25.01.2008

Kommentar von Alex 04.02.2008

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