Das Spielzeugkrankenhaus: Eine nostalgische Reise in die Vergangenheit

04.02.2016 - Meike von Lojewski / Madrid für Deutsche 

Eine Nancy-Puppe, die ihr Bein gebrochen hat, wartet geduldig darauf, dass ihre Latexprothese fertig ist, damit sie wieder normal “gehen” kann. Während der Kitt trocknet, baut Antonio Martínez mit Hilfe einer Lupe und einem Minischraubenzieher ein Auto aus dem Zeichentrickfilm von “Tom und Jerry” auseinander. Mit der Präzision eines Chirurgen repariert der 63jährige “Spielzeugkünstler” das erste Geschenk, das ein Grossvater seinem Sohn vor über dreissig Jahren gemacht hat und nun an seinen Enkel weitergeben möchte. Dieses besondere “Sanatorium” im Viertel “Pacífico” in Madrid (Calle de Granada, 36) ist das einzige seiner Art in ganz Spanien, dass dem Wandel der Zeit, den neuen Technologien und dem Konsum stand hält.

 

Puppen ohne Extremitäten, eine Carrerabahn, deren Stromkreis kaputt ist, sowie “blinde” und “taube” Kuscheltiere - all das stapelt sich in der Werkstatt, die Martínez’ Eltern 1945 gegründet haben. “Zu Beginn stellten sie lediglich Spielsachen aus Holz, Metall oder Majolika her”, erinnert er sich. Er selbst habe Stunden im Laden verbracht und alles, was ihm in die Finger kam, auseinandergenommen, um herauszufinden, wie die Dinge funktionierten.

 

Seine Eltern gewannen 12 Preise auf der Internationalen Spielzeugmesse. Doch alles ändert sich, als 1952 das Plastik nach Spanien kam. Dies bedeutete einen radikalen Wandel im Geschäft. “Meine Eltern waren verängstigt. Die Anfertigung der Spielsachen reichte nicht mehr aus, um die Rechnungen zu bezahlen.” Ab diesem Zeitpunkt spezialisierte sich das “Hospital del Juguete” (“Spielzeugkrankenhaus”) auf die Reparatur alter Stücke. “Wir wurden zum technischen Dienst aller damaligen grossen Marken: Famosa, Paya, Jyesa, Rico….”.

 

Von seinem Vater hat Martínez die Handwerkskunst geerbt, hinzu kam sein Sachverstand für Elektronik und Mechanik. “Mein Vater war der Experte für die Einzelteile und das Modellieren. Ich war für die moderneren Spielzeuge mit komplexerer Elektrik zuständig”, erklärt er. Der Künstler kennt jedes Detail der Spielsachen, die durch seine Hände gehen. “Die moderne Nancy hat nichts mehr mit der alten zu tun, und auch wenn es den Hersteller nach wie vor gibt, stellt er keine Ersatzteile mehr her”, sagt der Künstler. Um die Beine der Puppe zu reparieren, braucht er drei Stunden, während man bis vor einigen Jahren nur das Ersatzteil bestellen und einstecken musste. “Dies dauerte eine Minute.”

 

Pakete häufen sich im Laden, die Martínez aus dem ganzen Land zugestellt werden von Nostalgikern, die ihren Spielsachen aus glücklichen Kindertagen ein zweites Leben geben wollen. “Zum Glück gibt es noch Menschen, die Altes und Handgemachtes schätzen”, freut er sich. Der Zustand mancher Stücke ist traurig, aber dennoch gibt Martínez kein einziges verloren. “Viele Teile werden gar nicht mehr hergestellt, aber es gibt immer eine Lösung.”

 

Martínez ist der einzig “Arzt” seiner Art. “In ein paar Jahren gehe ich in den Ruhestand, aber ich werde nie aufhören zu arbeiten. Ich werde so lange hier bleiben, wie mein Körper es erlaubt. Man wird mich hier begraben”, lacht der sympathische Mann. Nur eine Person mit der gleichen Leidenschaft und Hingabe könnte das Geschäft übernehmen. Doch bisher hat sich diese Person noch nicht einmal unter seinen Kindern gefunden. Bleibt zu wünschen, dass Martínez selbst noch lange anderen Freude bereiten kann!

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