HINTERGRUND: Deutsche Schule macht Theater

25.05.2009 - Peter Kammann/Madrid für Deutsche  

Die Deutsche Schule Madrid ist nicht nur wegen ihrer musikalischen Förderung bekannt, demnächst wird sie wohl auch wegen ihrer Theater-Werke in die "Schlagzeilen geraten". Derzeit wird unter anderem das Stück "Ratten" eingeübt - eine Idee nach dem Dokumentarfilm „Kindersklaven“ von Rebecca Gudisch und Tilo Gummel.

Und darum geht es: „Ein 10-jähriger Junge sitzt auf dem Boden eines schmutzigen Kellers und stickt Perlen auf Stoff, 14 Stunden am Tag. „Los jetzt, arbeite weiter!“, blafft ihn sein Aufseher an. Der Junge duckt sich und macht weiter. Die Chancen, dass der Zehnjährige seine Eltern jemals wieder sieht, sind gering; er ist Hunderte von Kilometern von ihnen entfernt und wurde von ihnen für umgerechnet 20 Euro verkauft - als Kindersklave. Wenn Eltern nicht „freiwillig“ verkaufen, werden Kinder sogar entführt.“

Dieses und andere Schicksale werden uns von den beiden WDR-Reportern Rebecca Gudisch und Tilo Gummel in ihrem mehrfach prämierten Dokumentarfilm „Kindersklaverei“ nahe gebracht (Deutscher Menschenrechtsfilmpreis 2008; DUH-Umwelt-Medienpreis 2008; Silbermedaille beim renommierten internationalen New York Film- und TV-Festival 2009).

Getarnt als interessierte Käufer für verschiedene Produkte und ausgerüstet mit versteckten Kameras dringen die zwei Journalisten in das System der Kindersklaverei ein und spüren Kinder, Eltern, Schlepper und Firmenchefs auf. Ein verwirrendes Netz aus Zwischen- und Unterhändlern macht es oft schwer nachzuweisen, wo die von Kindern produzierten Waren letztendlich landen. Doch genau dieses gelingt im Film bei verschiedenen Produkten, z. B. bei indischen Pflastersteinen. Diese sind mittlerweile der Renner bei den deutschen Steinhändlern - und kosten nur rund die Hälfte von einem deutschen Stein. Nur solche billigen Steine haben bei öffentlichen Ausschreibungen inzwischen überhaupt noch eine Chance. Viele deutsche Firmen behaupten: Ihre Steine seien „kinderarbeitsfrei“. Doch gerade Pflastersteine werden von Kindern geschlagen.

Um dieses System weiter zu schützen wird getrickst: Ein deutscher Steinhändler wirbt zum Beispiel mit einem UNESCO-Zertifikat, das angeblich kinderarbeitsfreie Ware garantiert. Wieder als Großhändler aus Deutschland getarnt, findet das Reporterteam jedoch genau in den Steinbrüchen dieser Firma Kinder, die dort Pflastersteine schlagen. Und das UNESCO-Zertifikat, so stellt sich heraus, wurde nie von der UNESCO ausgestellt.

Da im Erdkundeunterricht der Klassenstufe 10 unter anderem die Themen „Ursachen von Armut in den Entwicklungsländern“, „Armut und ihre Folgen“ und „Wege aus der Armut“ vorgesehen sind, passte dieser Dokumentarfilm. Er ermöglicht den Jugendlichen, Bezüge zwischen den in der Schule vermittelten Fakten und ihrer konkreten Lebenswirklichkeit herzustellen. Und das auf eine sachlich fundierte und emotional berührende Art. Die Erkenntnis, dass das Unrecht nicht nur in fernen Ländern geschieht, ist zudem unverzichtbar für ein tragfähiges Verständnis über den Stand der Demokratieentwicklung in Europa. Das Vorhaben, diesen Gedanken in einem eigenen Theaterstück zu bearbeiten, hat sich dann fast von allein ergeben.

Schüler der Klasse 10a schrieben also ein Drehbuch, komponierten Musik, beschrieben die Seite der Kulturstiftung deutscher Länder und nahmen so auch gleich noch an dem Wettbewerb „Kinder zum Olymp“ teil (in dem wir inzwischen in der Endrunde angekommen sind).

Der Titel des Stückes leitet sich ab von dem Musiktitel „Ratten“ der Rockband „Keimzeit“. Die Band hat auch ihr Einverständnis dazu gegeben, dass ihre Musik von Schülern der Klasse 10a gespielt werden darf. Die Reporterin sitzt übrigens im Moment an einer Überarbeitung des Drehbuchs und wird zur Premiere des Stückes nach Madrid kommen.

Abschließend sei noch erwähnt, dass dieses Projekt der 10a ohne die Hilfe der Klasse 10c wahrscheinlich gescheitert wäre. So hat sich die Klasse 10c bereit erklärt, wesentliche weitere Lehrplaninhalte durch zum Teil ausgezeichnete Präsentationen in einer Vortragsreihe der Klasse 10a darzubieten.

Wir geben an dieser Stelle schon bald die Aufführungszeiten an.

Quelle zum Film:
http://www.wdr.de/tv/diestory/sendungsbeitraege/2008/0825/index.jsp

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