HINTERGRUND: España GmbH

18.12.2008 - www.mallorcazeitung.es/Madrid für Deutsche 

Den Spaniern ist nichts heilig - die Investoren schreckten auch nicht vor der Traditionsnudel zurück und übernahmen Deutschlands größten Pasta-Hersteller Birkel. Seit vergangenem Jahr ist der Deal perfekt, die Birkel Teigwaren GmbH ist jetzt Teil des Imperiums des Zuckerkonzerns Ebro Puleva, zu dem bereits der Reisverarbeiter Euryza aus Hamburg gehört. "Die Deutschen müssen sich daran gewöhnen, dass die Spanier nicht nur Flamenco tanzen und Paella essen", lautete damals der spontane Kommentar eines Deutsch-Spaniers im Internet.

Die wirtschaftliche Expansion Spaniens geht eben nicht immer mit mediterranem Flair einher. Ohne viel Aufhebens zu machen, haben die spanischen Unternehmen in den vergangenen Jahren gewaltig in Deutschland investiert. Die Bundesbürger kleiden sich nicht nur in Filialen spanischer Modekonzerne (Zara, Mango und Springfield) ein, sie telefonieren auch dank spanischer Investitionen (O2), lassen sich spanische Arzneimittel verschreiben oder beziehen von Spaniern erzeugte Energie (Iberdrola).

Es ist eine Aufholjagd der spanischen Unternehmen. Die deutschen Unternehmer in Spanien können bei ihrem Engagement auf eine wesentlich längere Tradition zurückblicken, die natürlich auch auf der größeren deutschen Wirtschaftsmacht basiert. Dennoch: Während sich die deutschen Investitionen in Spanien in den Jahren 1993 bis 2005 vervierfacht haben, haben spanische Investitionen in Deutschland um den Faktor 32 zugenommen.

"Es sind nicht mehr nur traditionelle Branchen", sagt Bernardo López-Bertram, Generalsekretär der Spanischen Handelskammer für Deutschland: "Inzwischen kaufen spanische Unternehmensgruppen komplette Firmen auf und errichten große Betriebe." In Zahlen: Die Netto-Investition in Deutschland wuchs laut Spanischer Handelskammer von 540 Millionen Euro im Jahr 2006 auf 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2007. Deutsche Unternehmen investierten im vergangenen Jahr netto 319 Millionen Euro.

Allein für rund 1 500 direkte Arbeitsplätze in Deutschland hat Telefónica gesorgt. Der ehemalige Staatsmonopolist scheiterte zunächst mit dem Versuch, eine überteuerte deutsche UMTS-Lizenz unter der Marke "Quam" zu Geld zu machen. Vor zwei Jahren übernahm Telefónica jedoch den britischen Anbieter 02. Das Ergebnis heißt heute Telefónica O2 Germany GmbH & Co und versorgt 14 Millionen Mobilfunkkunden in Deutschland.

Mittlerweile führend in der Bundesrepublik sind die Spanier zudem im Bereich der Autofinanzierung. Spaniens Branchenprimus Santander kann für den Deutschland-Ableger Santander Consumer Bank AG in Anspruch nehmen, unter den herstellerunabhängigen Kraftfahrzeug-Finanzierern und in der Konsumgüterfinanzierung die Nummer eins zu sein. Im Mai dieses Jahres eröffnete Santander Consumer Bank die inzwischen 100. Filiale in Deutschland.
Und fast hätte die spanische Großbank vor zwei Monaten einen weiteren Coup gelandet - sie stand kurz davor, die Postbank komplett zu übernehmen. Allerdings setzte sich im Bieterverfahren die Deutsche Bank durch.

Auffällig sind spanische Direkt­investitionen in Branchen, in denen Deutschland über eine große Tradition verfügt: Kraftfahrzeuge, Werkzeugmaschinen, Metallerzeugnisse oder chemische Produkte. Kräftig investiert wurde in die Automobilindustrie. Die Grupo Antolín Deutschland GmbH beispielsweise fertigt mit mehreren hundert Arbeitern in Elsendorf Teile für den Fahrzeuginnenraum, die Wilke Ficos GmbH & Co KG stellt Rückspiegel her, die Altec Automotive GmbH produziert Druckgussteile für die Automobilzulieferbranche im bayerischen Hof - in einer für knapp 45 Millionen Euro errichteten Produktionsstätte. Hinzu kommen Werkzeughersteller, Pharmakonzerne sowie Fabrikanten von Baumaterialien.

Und auch die spanischen Hotelketten haben in Deutschland Fuß gefasst. NH Hotels ist mit knapp 60 Häusern in Deutschland vertreten, Sol Meliá mit 21. Nicht zu vergessen ist die spanische Immobilienbranche, die vor allem in Berlin investiert hat - Chamartín Inmobiliaria, Grupo Restaura oder Renta Corporación. Für diesen Bereich rechnet auch López-Bertram von der Handelskammer mit kräftigen Investitionen in den kommenden Jahren - der deutsche Markt verspreche Stabilität in Zeiten der Krise und eine Menge Entwicklungspotenzial. Mögliche Investoren werde man im Frühjahr 2009 in einem Seminar in Madrid informieren.

Der Baukonzern ACS des Ex-Real-Madrid-Präsidenten Florentino Pérez hat sich unterdessen zum Großaktionär von Hochtief aufgeschwungen. Der Mischkonzern Acciona kümmert sich um die Gepäckabfertigung auf Airports in Berlin, Hamburg und Frankfurt. ­Acciona-Tochter EHN hat für 25 Millionen Euro zwei Windparks in Brandenburg errichtet, während Mitbewerber Iberdrola in einen 3,4-Megawatt-Windpark in Sachsen investiert.

Die deutschen Investitionen in Spanien wachsen nicht im selben Tempo, sie stagnieren jedoch auch nicht. Die mehr als 1 100 Unternehmen mit deutscher Beteiligung am Gesellschaftskapital sind ein Standbein der Spanien-Wirtschaft. Den Anteil am Inlandsprodukt veranschlagt die deutsche Handelskammer mit acht Prozent, die Zahl direkter Jobs mit 340 000. Die Deutschen investierten in der Vergangenheit kräftig in den Industriesektor - allen voran Automobilbranche und Chemie. Über 300 Unternehmen sind mit eigener Produktion in Spanien vertreten. Stark an Bedeutung gewonnen hat allerdings der Handel, dort sind inzwischen zwei Fünftel der deutschen Unternehmen aktiv.

Trotz der immensen Bedeutung der deutschen Unternehmen und der langen Geschichte deutscher Investitionen - die Handelskammer für Spanien hat im vergangenen Jahr ihr 90-jähriges Bestehen gefeiert - gab es in neuester Zeit einige Rückschläge. Der Elektrokonzern Braun schloss eine Produktionsstätte, Mercedes verkaufte ein Werk in Barcelona und Siemens schloss seine Niederlassung in Zaragoza. Unsicher ist derzeit auch die Zukunft des Opel-Werkes in Figueruelas und auch wie es mit Seat weitergeht. "Aber egal, wer wieviel wo investiert, die Deutschen haben hier einen enorm guten Ruf und sind grundsätzlich immer willkommen", heißt es aus spanischen Wirtschaftskrisen. Nur dann nicht, wenn sie die größten Energiekonzern des Landes übernehmen wollen. Wie der Fall vor zwei Jahren mit Eon und Endesa.

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