INTERVIEW: Karin Ruck erzählt, wie man sich als Frau Netzwerke aufbaut - auch im Ausland.

16.10.2008 - Adriana Leidenberger 

Der Titel Ihres neuen Buches lautet Erfolgreiches Networking für Frauen. Wie kamen Sie zu dem Thema?

Als ich mich vor zehn Jahren selbstständig gemacht habe, war die Idee der Vernetzung, des Aufbaus eines Netzwerkes in meinem Businessplan bereits verankert. Ich wusste, dass ich als Einzelkämpferin im Riesenmarkt der Trainer/Berater keine Chance haben würde, sondern nur über ein gut funktionierendes Netzwerk meinen künftigen Kunden Wettbewerbsvorteile verschaffen konnte.

Ich wurde Mitglied im Business and Professional Women Club (BPW) und staunte nicht schlecht, was für interessante Frauen mit spannenden Berufen da unter sich waren! Zwei Jahre Vorstandsarbeit haben das übrige dazu beigetragen, dass ich heute passionierte Netzwerkerin bin.


Funktioniert Networking für Frauen anders als für Männer?

Absolut! Männer sind die geborenen Netzwerker. Ganz besonders, wenn es um die Karriere geht, werden Strippen gezogen, tüchtig Golf gespielt, an größeren oder kleineren Seilschaften gestrickt und ordentlich laut für sich selbst getrommelt. Alles zum Wohle des nächsten Karriereschritts. Männer jagen gemeinsam, orientieren sich an den „Alpha-Männchen“ und gehen mit ihren Kollegen „auf ein Bier“, klettern gemeinsam in den Alpen, sie empfehlen sich gegenseitig, verlieren sich nie wirklich ganz aus den Augen und sind einfach heiß auf den Erfolg.

Frauen dagegen packen das Networking anders an: Auch sie sind begnadete Netzwerkerinnen, sie sind die Social Networkers. Sie halten die Familie zusammen, organisieren Feste, Veranstaltungen, denken an Geburtstage, stampfen eine Fahrgemeinschaft aus dem Boden. Im sozialen Kontext, also Familie, Freunde/Bekannte etc. sind sie die Netzwerk-Meisterinnen. Doch sobald das Networking im beruflichen Kontext gebraucht wird, verlassen sich Frauen immer noch zu gerne auf die Maxime „ Ich mache doch nur meine Arbeit.“.

Während Männer für sich trommeln, auf ihre Erfolge hinweisen, bleiben Frauen eher dezent im Hintergrund, immer in der Annahme, dass bei der nächsten Beförderung schon jemand auf sie aufmerksam werden wird. Wenn Frauen netzwerken, dann muss die Chemie stimmen. Das ist übrigens ein Ergebnis zur Recherche meines Buches und einer der größten Unterschiede beim Networking zwischen Männern und Frauen. Männer, die sich morgens noch im Meeting um Zahlen, Fakten und Ziele lautstark streiten, die haben kein Problem damit, abends zusammen noch ein Bier trinken zu gehen. Frauen verhalten sich da grundsätzlich anders. Sie brauchen eine gehörige Portion Vertrauen und Harmonie.

Ich empfehle Frauen, die sich für Networking interessieren zunächst einmal ein Frauennetzwerk zu besuchen. Einfach aus dem Grunde heraus, dass sich Frauen, wenn sie unter sich sind, mehr zutrauen, sie sind entspannter. Das beginnt bei der traditionellen Vorstellungsrunde („Bitte stellen Sie sich doch in zwei, drei Sätzen kurz vor!“), geht beim Small Talk weiter und führt meist dazu, dass Frau sich demnächst zum Kaffee oder zum Mittagessen trifft. Am Engagement in gemischten Netzwerken führt aber aus meiner Sicht für Frauen kein Weg vorbei. Wir können soviel vom Verhalten der Männer lernen, eine weibliche Sicht für die Karriere und auch für das Networking entwickeln, dass es sehr schade wäre, wenn Frauen und Männer getrennt ihre Netzwerk-Erfahrungen machen müssten. Da sage ich doch lieber: “Let’s do it together!“


In der modernen Gesellschaft ist Mobilität eine wichtige Voraussetzung für das berufliche Weiterkommen. Arbeitnehmer finden sich dadurch auf Zeit in einer neuen Arbeits- und Sozialumgebung wieder, auch im Ausland. Was würden Sie hinsichtlich des Networkings allgemein in einer solchen Situation empfehlen?

Schritt 1: Die Recherche. Gute Vorbereitung ist wichtig. Welche Netzwerke existieren vor Ort? Gerade weltweite Frauen-Netzwerke wie BPW, Soroptimist International oder Zonta International haben eine hervorragende Netzwerkstruktur. Nicht zu vergessen sind auch Rotary oder Lions International. Sie bieten in nahezu jedem Land ein regionales Netzwerk an. Gibt es in der neuen Umgebung Regionalgruppen oder Clubs mit denen Sie Kontakt aufnehmen können? Welche Möglichkeiten zum Netzwerken stellt der Arbeitgeber eventuell zur Verfügung? Für international agierende Unternehmen gehört es mittlerweile zum guten Ton für die neuen Mitarbeiter regelrechte Welcome-Programme aufzulegen. Welche Aktivitäten gibt es im neuen Kollegenkreis? Auch das virtuelle Networking bekommt in dieser Lebensphase eine besondere Bedeutung. Gerade Xing, Linkedin & Co. bieten hervorragende Plattformen um über große Entfernungen im Gespräch und in Kontakt zu bleiben.

Schritt 2: Aktiv sein. Laden Sie die neuen Kolleg/innen zum kennen lernen ein, organisieren Sie eine Welcome-Party oder ähnliches. Nehmen Sie Einladungen an. Zeigen Sie sich. Zu Beginn wird Ihr Leben ganz schön auf den Kopf gestellt werden, aber: Nicht auf der Couch im neuen Zuhause, sondern draußen in der neuen Umgebung findet das Leben statt!

Schritt 3: Kontakt halten. Neue Kontakte sind Gold wert! Hegen und pflegen Sie diese Bekanntschaften und Beziehungen. Als Beispiel fällt mir hier ein Bayerischer Stammtisch in Singapur ein. Natürlich sind Weißbier und Weißwürste nicht jedermanns Sache und schon gar nicht im fernen Asien. Aber diese Stammtische haben den charmanten Reiz einen heimischen Ankerplatz zu bieten. Mal wieder im größeren Kreis die Muttersprache zu sprechen oder auch kulinarisch die vermisste Hausmannkost (und sei es nur das Schwarzbrot!) zu genießen, damit lassen sich das zarte Gefühl der Heimat und Networking wunderbar verbinden.

Doch Kontakt halten heißt nicht nur in der neuen Umgebung Beziehungen zu pflegen, auch die Kontakte zuhause sollten nicht vergessen werden. Ich kenne eine Reihe von Menschen, die es beruflich immer wieder in alle Winde zerstreut. Die Herausforderung ist doch, dann den Freundes-, Kollegen- und Bekanntenkreis auf dem Laufenden zu halten, ohne dass a) die Telefonrechnung explodiert und b) nicht die gesamte private Zeit am Rechner verbracht wird. Eine interessante Lösung zur Kontaktpflege ist ein kleiner Newsletter, der alle paar Wochen an die „Planeten“ verschickt wird. Vorteil: Alle sind über die wichtigsten News informiert, freuen sich über die Nachricht aus der Ferne und Ihnen bleibt noch genügend Zeit für die individuellen Nachrichten und Dinge im neuen Leben via Internettelefonie, Mail etc. Auch hier sei nochmals auf die Chancen des virtuellen Networkings hingewiesen.


Viele Frauen begleiten ihre Männer. Einige davon würden gerne am neuen Standort Fuß fassen. Können Sie ihnen eine zündende Idee mit auf den Weg geben, wie sie ihre Chancen in der kurzen Zeit, die sie am vorübergehenden Standort sind, verbessern können?

Wer bereits zuhause vernetzt war (siehe oben), der hat es selbstverständlich leichter am neuen Standort Fuß zu fassen. Denn hier spielen Empfehlungen, die Netzwerkkolleg/innen aussprechen sollten, die Hauptrolle. Wenn Ihnen nur einige Monate bleiben, dann werden Sie sich nicht mit dem Aufbau eines Netzwerkes beschäftigen wollen und können. Bitten Sie bereits zu Hause konkret um Empfehlungen, wenn Sie beispielsweise am neuen Domizil einen Job suchen. Strecken Sie im Vorfeld bereits die berühmten Fühler aus.

Wer ohne eigenes Netzwerk im Gepäck landet, informiert sich selbstverständlich über die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten und Besonderheiten, besucht häufig kulturelle Veranstaltungen, lernt auf Exkursionen das neue Zuhause auf Zeit wie die eigene Westentasche kennen. Und auch das Internet darf nicht fehlen: Es gibt nahezu in jedem Land so genannte „Online Message Boards“.

Haben Sie sich schon einmal selbst in einer solchen Situation vorgefunden, oder vor der Entscheidung gestanden ihren Partner zu begleiten, mit dem Risiko selbst beruflich Einbußen einzustecken?

Ja, ganz aktuell sogar. Allerdings hat es mich nicht in die weite Welt verschlagen, im Gegenteil. Ich bin aus der quirligen Großstadt Frankfurt, in der ich 27 Jahre lebte, in die beschauliche, liebenswerte nordhessische Provinz gezogen. Natürlich habe ich mir im Vorfeld viele Gedanken über berufliche Einbußen gemacht, wir haben dazu viele Diskussionen geführt. Und wie oft mir die Frage dann in den letzten Monaten gestellt wurde: „Du liebe Zeit! Von Frankfurt nach Kassel – wie geht denn so was?“ – ehrlich irgendwann habe ich aufgehört zu zählen!

Wie sind Sie selbst damit umgegangen? Was können Frauen aus einer solchen Situation Ihrer Meinung nach für ihre eigenen Netzwerke an nutzen ziehen? Was sollten Sie auf jeden Fall tun?

Ich habe das sehr positiv gesehen. Für mich selbst und für meine Karriere. Neue Umgebung, neue Chancen, neue Menschen, neue Begegnungen – das war und ist mein Motto. Ich habe in die Hände gespuckt und sozusagen wieder bei Null angefangen. Auch wenn nur 200 km zwischen meiner alten und neuen Heimat liegen, die Kontakte muss ich mir hier neu erarbeiten. Natürlich werde ich empfohlen, besuche einigermaßen regelmäßig die Clubtreffen meiner Netzwerke, damit mit meinem Namen auch ein Gesicht verbunden werden kann.

Die Erfahrungen als Netzwerkerin haben mir viel geholfen. Denn ich habe keine Berührungsängste, ich kann locker auf - noch -fremde Menschen zugehen und ins Gespräch kommen. Das ist übrigens auch mein Tipp für all die Frauen, die ihr Leben in einer neuen Umgebung, in einem neuen Land von Grund auf sortieren müssen: Seien Sie kommunikativ, kommen Sie mit Ihren neuen Nachbarn ins Gespräch, bitten Sie um Unterstützung und versuchen Sie Hilfestellung zu geben, wo immer das für Sie möglich ist. Seien Sie aktiv, treiben Sie Sport (das verbindet ungemein!) und zeigen Sie Interesse am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben am neuen Standort. Damit stellen Sie die Weichen für ein gutes Einleben und natürlich auch für das Networking. Wie schön, wenn die Netzwerkkolleg/innen dann wissen, dass es in Madrid, Shanghai, Vancouver oder Sao Paulo eine Anlaufstelle gibt. Man weiß ja nie, wo es einen im Leben noch hin verschlägt …


Das Interview führte

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