INTERVIEW: Stefan Schmitz

03.06.2007 -  

Frage: Am Dienstagabend eröffnet mit "Schwere Jungs" zum neunten Mal das deutsche Filmfestival. Wer steht hinter dem Festival? Antwort: Organisiert wird das Festival insgesamt von German Films, der Dachorganisation zur Promotion des deutschen Films im Ausland. Ähnliche Veranstaltungen finden in Paris, Rom, Los Angeles, New York, Moskau, Prag statt. Frage: Wer trifft die Auswahl der Filme? Antwort: Für Spanien machen wir das. Die Auswahl variiert von Land zu Land, das liegt auch daran, dass die Filme alle in der Landessprache untertitelt werden. Die Filme in Madrid werden alle in Originalfassung mit spanischen Untertiteln gezeigt. Das Programm, was wir hier in Spanien machen, kommt mit kleinen Veränderungen noch nach Mexiko oder Argentinien. Wir zeigen jeweils sieben neue Filme, einen Dokumentarfilm, Kurzfilme, ein Fernsehspiel, einen Stummfilm: in diesem Jahr "Faust" mit Klavierbegleitung live. Wir machen auch immer noch eine Retrospektive, dieses Mal mit deutschen Oscar-Preisträgern: "Die Blechtrommel", "Nirgendwo in Afrika" und "Das Leben der anderen". Frage: Das Festival findet zum neunten Mal statt und erfreut sich großer Beliebtheit, nicht nur in der deutschen Kolonie. Warum mögen die Spanier deutschen Film? Antwort: Spanien ist deutscher Kultur gegenüber generell sehr aufgeschlossen. Ich habe früher in Frankreich und in England gelebt, da war das nicht so. Die Spanier entdecken zunehmend auch die neuen deutschen Filmemacher mit Begeisterung. Für deutschen Film stehen hier nicht nur die alten Größen wie Wenders, Fassbinder, Herzog, Schlöndorff, sondern auch die in den siebziger Jahren geborenen Regisseure. Frage: Hat der deutsche Film Erfolg in spanischen Kinos? Antwort: Das würden wir gerne behaupten, aber es stimmt leider nicht ganz. Es gibt immer Jahre mit richtigen Kassenhauern, aber dann auch wieder Jahre der Flaute. Viele Filme sind erfolgreich auf Festivals, aber keine wirklichen Publikumserfolge. Kritik und Presse haben zum Beispiel die Filme des in Hamburg geborenen türkischen Filmregisseurs Fatih Akin sehr gelobt, aber ökonomisch waren sie hier nicht erfolgreich. Aber natürlich haben Filme wie "Bella Martha", "Good bye, Lenin!", "Der Untergang", "Nirgendwo in Afrika" und jetzt "Das Leben der anderen" ein großes Publikum gefunden. Frage: Und "Lola rennt"? Antwort: "Lola rennt" hätte richtig großen Erfolg haben können in Spanien, kam aber ohne Werbung und zu spät ins spanische Kino. Das Publikum war angetan, aber im richtigen Verleih hätte der Film noch viel mehr Erfolg haben können. In den letzten neun Jahren gab es schätzungsweise 20 erfolgreiche deutsche Filme und zehn davon waren richtige Renner, so wie jetzt "Das Leben der anderen". Frage: Was trägt das Festival dazu bei? Antwort: Wir verkaufen immer ein bis zwei deutsche Filme nach Spanien, weil die spanischen Verleiher sehen, welche Filme beim spanischen Publikum erfolgreich sind. Zumindest für Madrid kann man sagen, dass das Publikum durch das Festival neugierig wird und sich mit deutschen Filmen dadurch gerne beschäftigt. Die Besucherzahlen steigen, die Presse kümmert sich sehr um uns, in neun Jahren ist das Festival fester Bestandteil des Madrider Kulturfahrplans geworden. Frage: Die Kinokultur ist in Spanien noch sehr ausgeprägt? Antwort: Im europäischen Vergleich ist Spanien sicher das Land mit den meisten Kinobesuchern. Allerdings ist hier auch der Eintrittspreis am niedrigsten. Frage: Deine Produktionsfirma Avalon organisiert aber nicht nur das deutsche Kinofestival. Ihr bietet auch eine Reihe von, man kann schon sagen, klassischen Autorenfilmen auf DVD an. Antwort: Wir machen die filmoteca fnac: Fassbinder, Cassavetes, Louis Malle, Fellini, Pasolini, Fritz Lang etc. Ein anspruchsvolles Programm mit bis jetzt cirka 80 Filmen. Zusammen mit anderen Firmen bringen wir aber auch kommerziellere Videos, heraus. Vor allem in Spanien, manchmal auch noch in Portugal. Als Produzent habe ich zuletzt das argentinische Erstlingswerk "Las mantenidas sin sueños" gemacht, was auf Festivals sehr erfolgreich war. Wir haben unter anderem in Uruguay, Argentinien, Venezuela gedreht, weil das ökonomisch reizvoll ist. Mit relativ wenig Geld aus Spanien, erreicht man dort relativ viel. Frage: Du lebst seit 1989 in Madrid, kommst aus Hamburg, aus der Werbebranche. Bist seit elf Jahren selbständig als Filmproduzent, Filmverleiher, DVD-Verleger und beschäftigst inzwischen elf Mitarbeiter. Was hat dich nach Spanien geführt? Antwort: Meine Frau ist Spanierin. Sie hatte eine Wohnung in Madrid, in der wir wohnen konnten, also zogen wir her. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, jemals wieder nach Deutschland zurückzukehren. Obwohl ich Deutschland sehr schön finde und gerne dort bin. Frage: Ihr habt einen Sohn. Bekommt der etwas von der deutschen Kultur mit? Antwort: Ich würde sagen vielleicht zu 20 Prozent und 80 Prozent spanische Kultur. Er geht auf eine englische Schule, mit der Mutter spricht er Spanisch, ich spreche Deutsch mit ihm - er mit mir aber nicht. Frage: Ein Wunsch? Antwort: Ich möchte gerne, dass viele Leute zu dem Festival kommen. Es ist ein tolles vielseitiges Programm und ich hätte gerne ein feedback, was man gut findet, was man nicht gut findet. Mehr Info: Infos zum Festival unter www.cine-aleman.com Das Gespräch führte Clementine Kügler ckuegler@madridfuerdeutsche.com

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