KOMMENTAR: Spaniens Regierung muss Probleme der Immigration klar ansprechen

30.03.2008 - Stefanie Claudia Müller 

Es hat lange gedauert, aber jetzt knallt es auch in Spanien zwischen Einwanderern und Einheimischen, zwischen der Extrem-Rechten und der Extrem-Linken. Wie konnte es dazu kommen? Nach den blutigen Terror-Anschlägen vom 11. März 2004, an denen viele Nordafrikaner beteiligt waren, kam es zu keinen größeren Ausschreitungen gegen die rund eine halbe Millionen Marokkaner, die in Spanien leben. Der Wirtschaft ging es damals noch sehr gut, die Aussichten waren blendend und auf beiden Seiten bemühte man sich, dass die Stimmung nicht umkippte. Und sie kippte nicht um.

Bis vor ein paar Wochen. Der schon immer vorhandene unterschwellige Rassismus und die leichte Überheblichkeit, mit der die Spanier ihre ausländischen, meist illegal beschäftigten Haus- oder Firmenangestellten behandeln, hat sich bei einem Teil, wenn auch einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung, in Gewalt umgeschlagen. Begonnen hat es in der Multi-Kulti-Stadt Barcelona. Aber auch in Madrid kam es am Wochenende zu Protestmärschen der Extrem-Rechten und der Extrem-Linken.

Viele Spanier, aber auch Deutsche, die hier leben, fragen sich nun ängstlich: "Was wird erst passieren, wenn im kommenden Jahr das Wirtschaftswachstum wie vorausgesagt, deutlich abnehmen wird und vielleicht die Hälfte der vier Millionen Ausländer ihre Arbeit verlieren werden? Wird es dann zu Vorstadtschlachten kommen wie in Frankreich? Werden dann Farbige wie in Deutschland auf offener Strasse angegriffen, durch die Städte gehetzt? Wird die Extrem-Rechte noch populärer werden, so wie wir es in Frankreich und Deutschland schon vor Jahrzehnten erlebt haben?"

Natürlich sind die jüngsten Gewaltreaktionen gegenüber Ausländern in Spanien nicht verwunderlich, ist dieses Land in Rekordzeit vom Aus- zum Einwanderland geworden. Aber da ist auch die Frage nach der Schuld. Und da kommt man an den Volksparteien nicht vorbei. Sie haben mit ihrer anachronistischen Diskussion über die Zukunft der spanischen Nation dazu beigetragen, dass die beispielhafte Integration der helfenden Hände aus dem Ausland und die enorme Toleranz, die Spanien in der Geschichte und vor allem in der jüngsten Zeit bei der Integration von anderen Kulturen bewiesen hat, jetzt nicht mehr zu funktionieren scheint.

Es werfen sich viele Fragen auf: Hat man in den vergangenen Boom-Jahren der Wirtschaft nicht zu viele Immigranten hereingelassen? Hat die Regierung ihrem Volk nicht zu oft von den Vorteilen der Einwanderung vorgeschwärmt, statt die Probleme klar anzusprechen? Spanien sollte nicht wie Deutschland den selben Fehler begehen und aus Angst davor, als rassistisch zu gelten, bei der Beanwortung dieser Fragen die Einwanderung beschönigen.

Europa braucht helfende Hände aus dem Ausland, aber in kontrolliertem Maße, mit sehr viel Integrationsmaßnahmen und einer konstanten Aufklärung der einheimischen Bevölkerung. Die großen Mächte Frankreich und Deutschland haben dabei versagt, es scheint jetzt auch Spanien. Premier Zapatero ist nun gefordert, einen Großteil seines kommenden Budgets dafür zu investieren. Sonst droht nicht nur der Rechtsradikalismus zu wachsen, sondern auch die Kriminalität unter den Ausländern. Das wäre auch für den Tourismus eine schlechte Entwicklung.

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