MADRID: Neue Leiterin des Goethe-Instituts

19.01.2010 -  

1. Sie kommen aus Brüssel, ein melting pot und ein Wirrwarr an Sprachen. Wie erleben Sie die ersten Monate in Spanien?

Nach mehr als acht Jahren Tätigkeit als Leiterin des Goethe-Instituts Brüssel und EU-Beauftragte des Goethe-Instituts, die ich mit großer Freude ausgeübt habe, erstaunt es mich, wie negativ viele Menschen in Madrid über Brüssel urteilen, aus meiner Sicht sind dies aber weniger Spanier, als vielmehr andere Europäer und viele Deutsche.

Ich empfand und empfinde die europäische Hauptstadt in hohem Maße spannend und habe großen Respekt vor der in Brüssel wirklich vorbildlich gelebten Mehrsprachigkeit und vor dem langen Aushandeln von Entscheidungen mit den VertreterInnen von 27 EU-Mitgliedern und oft auch schon im Vorgriff mit den Beitrittskandidaten und assoziierten Mitgliedsstaaten der EU. Aufgrund meiner Tätigkeiten in den USA weiß ich, dass dieses lange Aushandeln und auch die Mehrsprachigkeit von der anderen Seite des Atlantiks mit Ungeduld beobachtet wird, aber mir war nicht bewusst, dass diese Ungeduld auch in Südwesteuropa/Spanien zu finden ist. Für mich ist Mehrsprachigkeit und Interkultureller Dialog teil meiner europäischen Kultur und darauf bin ich sehr stolz. Vielleicht kann ich den einen oder anderen hier noch davon überzeugen...

Meine ersten Monate in Spanien: Ich bin begeistert. Madrid war mein Wunschort für die Versetzung im Jahr 2009. Ich bin Romanistin und habe 1976/77 in Madrid an der Complutense studiert. Ich habe auch Spanisch am Freiherr v. Stein-Gymnasium in Leverkusen unterrichtet und dort 1979 das erste Abitur im Fach Spanisch abgenommen. In gewisser Weise kehre ich also zurück, aber natürlich hat sich Spanien und seine Hauptstadt in über 30 Jahren sehr verändert, zum Guten, wie ich finde.

2. Brüssel ist eine sehr internationale Stadt, kommt Ihnen Madrid provinziell vor?

Der Vergleich hinkt, denn Brüssel ist zwar eine internationale Stadt, aber hat nur eine Million Einwohner und Madrid ist mit seinen über viermal sovielen Einwohnern und seinen Zuwanderern aus Hispanoamerika und dem südlichen Mittelmeerraum sicher noch internationaler. Außerdem ist Madrid eines der beliebtesten Touristenziele weltweit, viel mehr als Brüssel.

3. Welche Pläne haben Sie für das kommende Jahr? Schränkt die Wirtschaftskrise Ihre Pläne ein? Welches Budget haben Sie?

Im Jahr 2010 wird die Kooperation mit dem Instituto Cervantes in Berlin, die 2002 begonnen wurde, mit dem Thema "Kunst & Krise" fortgeführt. Dieses für uns wichtigste Projekt beginnt im Februar auf der ARCO in Madrid, wo wir über die Zukunft der Kunstmessen vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise - besonders in Spanien und in Deutschland - debattieren und wird Ende Mai in Berlin fortgesetzt. In Berlin werden spanische (Santiago Sierra hat schon zugesagt) und deutsche Künstler in der Akademie der Künste durch Installationen und Performances ihre Sicht des Themas präsentieren.

Anschließend diskutieren Künstler, Museumsfachleute, Sammler, Kunsttheoretiker, Vertreter von Kunstmessen, etc. zwei Tage lang über die Auswirkungen der Krise auf die Produktion, die Rezeption und die Vermittlung in der bildenden Kunst.

Mit Sicherheit müssen wir davon ausgehen, dass unser Budget im Jahr 2010 reduziert wird, aber wir versuchen dies durch Kooperationen mit spanischen, deutschen und europäischen Partnern innerhalb des Konsortiums EUNIC auszugleichen.

Nur ein Beispiel sei hier genannt:
Von Ende Februar bis Mitte April zeigen wir in Kooperation mit der Münchener Stiftung Weiße Rose, e.V. die Ausstellung "Weiße Rose", die durch den Filmemacher Michael Verhoeven, u.a. am 23. Februar eröffnet wird. Wir möchten im Zusammenhang mit der Ausstellung den studentischen Widerstand im dritten Reich in Deutschland, aber auch im frankistischen Spanien durch eine Podiumsdiskussion und ein Filmprogramm näher untersuchen.

4. Wo sehen Sie bei dem aktuellen Angebot des Goethe-Instituts noch Verbesserungsmöglichkeiten, welche Bereiche sollten ausgebaut werden, welche neuen Aktivitäten sind geplant?

Mit mehr Geld können Sie immer noch mehr und noch Besseres machen, aber das Ziel meiner MitarbeiterInnen und mir ist es, mit weniger Geld dennoch sehr gute Programme machen zu können und mehr Kooperationspartner zu gewinnen.

Da die Sprachkurse das wichtigste Standbein des Goethe-Instituts Madrid sind, immerhin arbeiten die meisten unserer Mitarbeiter (über 50) in diesem Bereich, werden wir hier sehr genau untersuchen, welche Möglichkeiten der Ausweitung und welche Möglichkeiten eines besseren Marketings wir haben.

5. Ist eine stärkere Zusammenarbeit mit Barcelona geplant?

Bereits 2009 haben wir mit dem Goethe-Institut Barcelona zusammen erste Schritte zur Entwicklung einer gemeinsamen Konzeption der Spracharbeit in Spanien entwickelt und wir haben - dank des Engagements der Fundación Goethe - je eine Filmgala in beiden Städten mit dem Debutfilm von Christian Schwochow "Novemberkind" durchgeführt. Diese Kooperation wird selbstverständlich weitergeführt.

6. Immer wieder beklagen spanische Eltern, dass es keine Sprachkurse für Kinder am Goethe-Institut in Madrid gibt? Wird sich daran etwas ändern in Zukunft?

Sprachkurse für Kinder bietet die Deutsche Schule an. Wir wollen nicht in Konkurrenz treten. Das Goethe-Institut Madrid wird allerdings sein Angebot erweitern und in den Ferien für Schüler folgendes anbieten:

- einen Theaterkurs, in dem die Kinder ein Theaterstück einüben und aufführen werden

- einen Kurs kreatives Schreiben, in dem die Kinder Geschichten schreiben und als Ergebnis einen Geschichtenband zusammenstellen werden.

Beide Kurse sind nach dem CLIL-Ansatz konzipiert (CLIL=Content and Language Integrated Learning), das heißt es handelt sich um integriertes Inhalts- und Sprachenlernen auf Deutsch.

8. Wird es überhaupt mehr Aktivitäten für Kinder geben?

Ja, wir bieten Führungen und Aktivitäten für spanische Schulklassen an, die Deutsch lernen oder vielleicht noch lernen wollen.

Das Interview führte Stefanie Claudia Müller



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