NEWS: Reform soll Mietmarkt beleben

07.10.2007 - Clementine Kügler und Stefanie Claudia Müller 

Nur elf Prozent der Spanier wohnen zur Miete, der EU-Durchschnitt liegt bei 40 Prozent. Um dieses Ungleichgewicht zu verbessern, hat die neue Wohnungsbauministerin Carme Chacón für den 1. Januar 2008 eine Reform vorgelegt. Vor allem den Jugendlichen soll es leichter gemacht werden, sich zu emanzipieren und von zu Hause auszuziehen: Für 22- bis 30-Jährige mit Arbeitsvertrag, die weniger als 22 000 Euro brutto jährlich verdienen, gibt es vier Jahre lang einen Mietzuschuss der Regierung von 210 Euro im Monat und einen Kredit von 600 Euro für die Kaution. 

Auch für Besitzer soll sich die Lage bessern. Die Bedingungen für die Zuschüsse bis zu 6 000 Euro, die Vermieter erhalten, wenn sie eine leerstehende Wohnung reformieren und vermieten, sollen flexibler gestaltet werden. Bisher war an diese Subventionen eine deutlich geringere Mietforderung gebunden, was sich für die Besitzer nicht rechnete. Zehn Gerichte in verschiedenen Städten und weitere Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass Wohnungen, deren Mieter keine Miete zahlen, in kurzer Zeit zwangsgeräumt werden können. 

Außerdem können zukünftig alle Personen, unabhängig vom Alter, die weniger als 28 000 Euro brutto im Jahr verdienen, 10,05 Prozent der Mietkosten (bis zu maximal 9 015 Euro) bei der Einkommenssteuer geltend machen. 

Die sozialistische Regierung führt damit die Steuererleichterung wieder ein, die unter der PP-Regierung abgeschafft wurden. Experten halten anders als die spanischen Gewerkschaften nicht viel von diesen neuen Regelungen. "Das alles bringt gar nichts, sondern treibt nur den Mietpreis weiter in die Höhe. Das Mietrecht muss endlich gelockert werden. Die Abschaffung der Fünf-Jahres-Verträge ist längst überfällig", sagt Rechtsanwalt Karl H. Lincke aus Madrid. Er fordert ebenfalls mehr Standards bei der Bewertung und mehr Kontrollen bei leerstehenden Wohnungen, um die Preise zu drücken. Denn obwohl Madrid wirtschaftlich mit Weltstädten wir London und Paris nicht zu vergleichen ist, sind hier die Mietpreise inzwischen fast genauso hoch. Zudem muss man sich als Deutscher daran gewöhnen, dass nicht die Quadratmeter (die nur selten angegeben werden), sondern die Anzahl der Zimmer zählt, seien sie auch noch so klein. 

Und es gibt keinen Mietspiegel. Die Preise bestimmen sich allein nach Angebot und Nachfrage, Qualität der Wohnlage oder Renovierungszustand der vier Wände. Die Verträge werden über ein Jahr abgeschlossen und können dann vom Mieter auf fünf Jahre verlängert werden. Danach darf der Vermieter die Miete neu bestimmen und sie, wenn er will, anders als in Deutschland, auch um hundert Prozent erhöhen. Die Nachteile für die Vermieter liegen darin, dass eine Zwangsräumung im Falle säumiger Mieter wegen der überlasteten Gerichte Jahre dauert. Ein Grund, warum offiziell drei Millionen Wohnungen in Spanien ungenutzt sind, 170 000 Wohnungen stehen allein in der Stadt Madrid leer. 

Viele Besitzer warten lieber, bis sie günstig verkaufen können oder die Gebäude sind in Händen von Erbengemeinschaften, die sich nicht einigen. Oft werden Mieten aber auch nicht deklariert. "Das alles sorgt für hohe Preise", sagt Lincke. Um das Vermieten zu fördern, hat die sozialistische Regierung schon vor drei Jahren die "Sociedad Pública de Alquiler" gegründet, die als Bürge und Vermittler zwischen Vermieter und Mieter auftritt. Sie sollte Vermietern größere Sicherheit geben und Arbeit abnehmen. Auch das hat aber nicht wirklich Erfolg gezeigt. In zwei Jahren hat diese staatliche Agentur nur 5 300 Wohnungen (von den 25 000 geschätzten) vermitteln können. Link: Ministerio de Vivienda

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