NUTZWERT: Das Hotel Kafka

22.12.2008 - Doris Beyrich 

Das Hotel Kafka ist weder ein Hotel, noch liegt es in Prag. Ein kluges Marketing hat diesen Namen, der so interessant und verheissungsvoll klingt, ausgedacht für ein aussergewöhnliches Literatur- und Kulturzentrum im Herzen von Madrid. Als Zentrum für kreatives Schreiben ist es ein Ort für die Ausbildung zukünftiger Schriftsteller , fördert aber auch auf anderen Wegen den literarischen Nachwuchs und ist gleichzeitig ein unorthodoxer Treffpunkt für unruhige Geister; ein Ort, der die unterschiedlichen Aspekte des Kunst – und des Literaturbetriebs miteinander vernetzt.

Auch die Lage des Zentrums selbst lädt zur Inspiration ein: Das Kafka-Hotel residiert in demselben Prachtbau, in dem schon 1897 der Schriftsteller Pérez Galdós seinen eigenen Verlag gegründet hatte. Angefangen hat es vor drei Jahren, als sich eine Gruppe von Schriftstellern, Literaturkritikern und anderen Künstlern zusammentat, um einen Ort für die Ausbildung von zukünftigen Schriftstellern zu schaffen, der weder eine Schule noch eine Werkstatt sein sollte, nicht bloß theoretisch wie eine Akademie, aber auch keine beliebig praktizierende Werkstatt für Freizeit oder Hobby, sondern mit strengen Kriterien und einer eigenen dialektischen Methode .

Ziel ist die Förderung von zeitgenössischer Literatur (seit dem Anfang der 90er Jahre), die das traditionelle chronisch verlaufende Geschichtenerzählen verlässt zugunsten der Arbeit an der Sprache und dem Spiel mit den Formen des Erzählens selbst. Insofern steht der Name Kafkas auch als Garant für den hohen literarischen Anspruch und die Modernität des Projekts. Den Unterricht erteilen teilweise schon etablierte Schriftsteller wie Martín Casariego, Isaac Rosa, Eloy Tizón, Mercedes Cebrián y Rafael Reig. Aktuell gibt Antonio Muñoz Molina eine Masterklasse zum Thema: “Der schöpferische Prozess in der literarischen Produktion”.

Mittlerweile hat sich das Zentrum mit seinen Angeboten und Möglichkeiten über die Literatur hinaus bis hin zur Komik und Kino weiter entwickelt. Aber auch die Kurse für das Erlernen anderer Künste werden von anerkannten Künstlern geleitet, so gehören zum Lehrkörper der Drehbuchautor Antonio Santos Mercero, die Lyriker Julieta Valero und Jordi Doce, die Fotografen wie Alejandro Lamas und María José Codes und es gibt sogar einen Kurs für kreatives Marketing von Miguel Roig .

Als kultureller Treffpunkt realisiert das Zentrum auch Literaturvorstellungen, Vorträge und Ausstellungen. Eine weitere Aktivität ist das Kulturmanagement in Zusammenarbeit mit Rathäusern innerhalb und ausserhalb Madrids, auch international mit den Botschaften und Verlagen von Italien, Frankreich, Mexiko und Cuba. Das nächste Projekt ist ein Schriftstelleraustausch mit Tschechien (Prag). Das Hotel Kafka ist zwar kein eigener Verlag, arbeitet aber mit Literaturzeitschriften und etwa 30 Verlagen zusammen. Eine wichtiger Aspekt dieser Zusammenarbeit ist das Scouting: die systematische Suche nach Talenten und die Förderung und Vermittlung vielversprechender junger Schriftsteller, sowie die Unterstützung von Büchern kleiner Verlage. Das Zentrum wirkt dabei als grosser Filter, der eine Auswahl von Büchern an grössere Verlage schickt und bei Zustandekommen einer vermittelten Veröffentlichung gibt es eine vertraglich geregelte Anteilszahlung, ohne dass der Schriftsteller selbst bezahlen müsste. Auch prämierte Werke bei kleineren regionalen Wettbewerben werden auf diese Weise gefördert.


C/ Hortaleza, 104
Tel./Fax: 91 702 5016

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