NUTZWERT: Mercamadrid

15.01.2009 - Stefanie Claudia Müller 

Männer in grünen Gummistiefeln und karierten Hemden schleppen Kisten mit Salatköpfen aus den Kleinlastern, heben den Fisch auf, der aus den Eisboxen auf den Boden gefallen ist. Die Sonne ist nicht aufgegangen und im Oktober weht auch in Madrid schon ein scharfer Wind. Kräftige Kerle mit Latex-Handschuhen legen die Goldbarsche und Tunfische appetitlich auf die Auslage, damit möglichst viele der rund 18 000 Einzelhändler, die hier täglich einkaufen, zugreifen, auch wenn die Preise in den vergangenen Monaten stark angestiegen sind und auch die Nachfrage der Endkunden zurückgegangen ist.

Mercamadrid, der seit 1982 funktionierende Großmarkt in der Nähe der spanischen Hauptstadt, ist der größte Umschlagsplatz für Gemüse, Obst, Meeresfrüchte und Fisch in Europa. Aus Galicien, dem Baskenland und Katalonien werden Muscheln und Fisch, teilweise am selben Tag gefangen, nach Madrid gebracht und dort direkt an die Fach-Geschäfte, Supermärkte und Restaurants weiter vertrieben. Mittags kann ein Kunde theoretisch bereits den Fisch genießen, der um 2 Uhr morgens in Galicien geangelt wurde. „Frischer geht es nicht“, sagt Jaime Soriano, bei Mercamadrid für den Fischmarkt verantwortlich. Er sorgt dafür, dass Hygiene-Vorschriften eingehalten werden und alles weitgehend zivilisiert abläuft.

Vor den Verkaufshallen warten die Fahrer mit den Wagen, es wird eingeladen und bevor die Sonne aufgeht, hat die Ware meist bereits ihr Ziel erreicht. Es gibt Hallen für Gemüse, Obst, Fisch und Fleisch und einen Extra-Bereich für Bananen. Hier werden die von den Kanaren angelieferten gelben Früchte bei richtiger Temperatur nachgereift. Wie der Kunde es möchte, bekommt er sie grüner oder gelber zugeliefert.

Der Erfolg des Großmarktes ruht jedoch vor allem auf seinem vielfältigen Fisch-Angebot. „Auf einer Fläche von 3,3 Hektar findet man alles“, heißt es beim spanischen Warenhaus El Corte Inglés, einer der besten Kunden von Mercamadrid.
Nicht nur die hauseigene Delikatessen-Abteilung dieses edlen Kaufhauses wird mit Muscheln und seltenen Fischsorten von dort aufgefüllt, sondern auch die Verbrauchermärkte der grün leuchtenden Kette nutzen das reichhaltige Madrider Angebot an Obst und Gemüse. El Corte Inglés verfügt auf dem 176 Hektar großen Gelände von Mercamadrid über zwei eigene Lager, eins davon beliefert die Online-Supermärkte. In den Hallen wird die Ware zubereitet und verpackt. Der Transport von Mercamadrid zum Endkunden wird von Subunternehmern durchgeführt.

Während der Großmarkt, der rund neun Millionen Menschen mit Nahrung versorgt, derzeit sehr wenig auf Technik vertraut, alles ein bisschen chaotisch zugeht, soll der Ausbau von Mercamadrid um 45,3 Hektar – eine Vergrößerung um ein Viertel – die neuesten technischen Standards aufweisen. Bei 15 000 Fahrzeugen, die tagtäglich über das Gelände fahren, ist das aus notwendig. 300 Millionen Euro sollen in ein neues modernes Kühlungs- und Lagersystem, neue Rampen und Sortiermaschinen investiert werden und auch die bisher wenig organisierte Außen-Logistik soll im Anbau besser koordiniert werden.

1 400 neue Jobs soll die Erweiterung schaffen. „Unser Ruf wird damit noch internationaler. Wir werden die Größten sein“, sagt Soriano mit Stolz. Es ist 8 Uhr morgens und fehlen nur noch drei Stunden und sein Arbeitstag ist vorbei. Er trinkt einen Kaffee, um sich aufzuwärmen und dreht die letzten Runden durch die Hallen: „Es ist ein schöner Job, auch wenn das Klima hier rau ist – es sind halt Männer unter sich.“

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