SERIE: Kommunikationsprobleme (Teil 4)

10.05.2010 - Stefanie Claudia Müller 

Im folgenden soll am Beispiel klassischer interkultureller Fehlkommunikation gezeigt werden, worauf man bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit achten muss, wenn man als deutsches Unternehmen in den spanischen Markt tritt. Erklärt wird dies am Fall des deutschen Energiekonzerns Eon, der im Jahr 2006 für viele überraschend ein Übernahmeangebot für den größten spanischen Energiekonzern Endesa abgab.

Das Ignorieren der Befindlichkeiten der Spanier sowie das Verfolgen einer "deutschen" Kommunikationsstrategie waren ein Hauptgrund für das Scheitern Eons, die Deutschen wurden in eine lange und mühsame Schlacht verwickelt, die sie mit ihrer mittelgroßen spanischen Agentur nicht mehr bewähltigen konnten. Der Kampf um Endesa, der vor allem in den Medien ausgetragen wurde, dauerte bis zum Jahr 2007 an, Eon blieb am Ende nur die Verlierer-Rolle. Die Mehrheit an dem spanischen Stromkonzern übernahmen schließlich ein einheimisches Unternehmens, Acciona, zusammen mit dem italienischen Versorger Enel.

Eon-Vorstandsvorsitzender Wulf Bernotat war für spanische Verhältnisse von Anfang an zu ehrlich und direkt. Wie bereits in den vorherigen Kapiteln dargelegt, kommunizieren Spanier sehr subtil und sagen damit nicht direkt, was sie denken, legen ihre Karten nicht offen. Bernotat jedoch hat seine Strategie sehr schnell offengelegt, weil er "das Herz der Spanier" erobern wollte, wie er selber mehrmals sagte, weil er zeigen wollte, dass er gute Absichten hatte, dass bei einer deutschen Endesa keine Arbeitsplätze verloren gehen würden etc..

Aber die Spanier, die nicht gewohnt sind, dass Unternehmen in solch komplizierten Prozessen so transparent agieren, glaubten ihm trotz aller Ehrlichkeit nicht, vor allem die Presse bezog schnell Position. Standen die Medien am Anfang noch auf seiner Seite, weil Eon verhindern konnte, dass Endesa katalanisch würde – das in Barcelona ansässige Stromunternehmen Gas Natural hatte bereits im Herbst 2005 ein feindliches Übernahmeangebot für Endesa vorgelegt.

Als diese jedoch einmal durch die Blockaden der spanischen Regierung aus dem Kampf rausmanövriert waren, schwenkten die Medien um, traten dafür ein, dass ein neuer dritter spanischer Interessent, das in Madrid ansässige Unternehmen Acciona, den Zuschlag bekäme.

Bewundern die Spanier die Deutschen in vielen wirtschaftlichen Aspekten, kam plötzlich ein neues Selbstbewußtsein auf. Endesa-Chef Manuel Pizarro benutzte Eon zwar, um die feindliche Übernahme von dem katalanischen Unternehmen Gas Natural abzuwehren, aber er sympathisierte nicht mit den Deutschen und genauso agierten die Medien. Bernotat hatte mit seiner Ehrlichkeit also nichts erreicht, im Gegenteil: Er hat seinen Konkurrenten seine Strategie offengelegt und sich damit selber schwere Steine in den Weg gelegt.

"Eon hat über seine spanische Agentur fast jeden Schritt bei diesem Übernahmeprozess erklärt, derweil hatte sich schon im Hintergrund eine neue Front von Interessierten entwickelt, die dankbar waren, dass sie so effizient mit Informationen gespeist wurden", sagt Jesús Cacho, einer der wenigen Enthüllungsjournalisten des Landes, Gründer des Informationsportal elconfidencial.com. Zu den Interessierten gehörte vor allem der Mischkonzern Acciona. Erst kaufte er im Herbst 2006 überraschend zehn Prozent an Endesa und holte sich dann auch noch den italienischen Energiekonzern Enel ins Boot, um schließlich das Angebot der Deutschen für die Mehrheit der Endesa-Aktien zu überbieten.

Die von Anfang gegenüber Eon feindlich eingestellte spanische Regierung unterstützte den erneuten feindlichen Angriff auf Endesa. Die Deutschen wurden ins Abseits bugsiert und damit auch ins kommunikative Aus. So ehrlich wie sie in den Übernahmekampf eingetreten waren, so schnell und mit Würde zogen sie sich auch wieder zurück, gaben sich mit dem faulen Kompromiss zufrieden, mit einem Teil der Aktiva von Endesa abgespeist zu werden.

"Eon hat bei der Kommunikation seiner Interessen in dieser Übernahmeschlacht gravierende Fehler begangenen, von Anfang an", glaubt Kommunikationsexperte Timoteo Álvarez, der nicht nur an der Universität unterrichtet, sondern in Madrid ebenfalls eine eigene PR-Agentur unterhält: „Sie hätten mit dem spanischen Regierungschef viel eher sprechen müssen, nicht am Vorabend des Übernahmeangebotes. Auch deswegen, weil bereits ein Angebot für Endesa von einem spanischen Unternehmen vorlag, in diesem Fall von dem katalanischen Versorger Gas Natural. Der Energiesektor in Spanien ist sehr politisiert, solche Operationen werden immer in Rücksprache mit der Regierung durchgeführt, noch mehr in einem solchen komplizierten Fall. Das hätte Eon wissen müssen. Sie hätten sich so viel Kosten und Ärger ersparen können. Es spricht nicht für die Agentur, die sie unter Vertrag hatten, dass diese darauf keinen Einfluss genommen haben."

Der Hintergrund war komplex. Eon hatte sich mit dem Übernahmeangebot für Endesa in ein politisches Wespennetz gesetzt, ohne es zu wissen. Katalonien wurde zu diesem Zeitpunkt sehr stark von der spanischen Zentralregierung gestützt, deswegen war Premier Rodríguez Zapatero grundsätzlich gegen den Einstieg der Deutschen. Eon hat sich dagegen darauf ausgeruht, das Endesa ein privates Unternehmen ist und der Staat sich eigentlich nicht einmischen durfte. Über die schwerwiegende Bedeutung des Machtkampfes zwischen Madrid und Katalonien sei Eon sich nicht bewußt gewesen. Die ausgewählte Agentur habe weder diese komplexe Situation des Regionenstreites beachtet, noch hätten sie es verstanden, den Deutschen die Eigenheiten des spanischen Marktes nahezubringen und in die Kommunikationsstrategie des Konzerns einzuflechten. Sehr oft wurden einfach Pressemitteilungen aus Deutschland übersetzt.

Erfolgreich wurde von Seiten der spanischen Regierung über die Medien Stimmung gegen Eon gemacht, ohne dass die Deutschen sich effizient dagegen wehrten. Es wurde immer wieder die Idee von einem nationalen Champion aufgebracht, der notwendig sei, um im europäischen Energiekampf zu überleben. Die Öffentlichkeit stand hinter diesem Konzept, Eon konnte sie nicht vom Gegenteil überzeugen.

Kommentare (0) :

Artikel kommentieren
Artikel-Archiv