Verräterisches Zwitschern um Einkommen von spanischem Politiker

07.09.2012 - Angelika Eisenführ / Arena 

Ach ja, die so genannten sozialen Netze können ganz schön unsozial daherkommen.
Das musste jetzt der Galicier Guillermo Collarte erfahren. Der PP-Abgeordnete im galizischen Regionalparlament und Magistratsmitglied in der Stadt Ourense liess im Twitter verlauten, er habe die grösste Mühe, mit seinen 5.100 Euro Einkommen über den Monat zu kommen. Er benutzte dazu eine spanische Redewendung, die an der Grenze des Obszönen liegt: „pasarlas canutas“, es so eng haben wie eine Darmkanüle. Das ungefragte Eingeständnis in dem Zwitscherportal löste eine Welle der Empörung aus. Nicht wegen des ungehörigen Vergleichs mit dem medizinischen Gerät, sondern wegen des Inhaltes der Aussage: wer hat in dem von Staatspleite bedrohten Spanien mit seinen sechs Millionen Arbeitslosen und einer Millionenzahl von völlig mittellosen Menschen schon ein solches Monatseinkommen?

Collarte musste zurückrudern und tat es denn auch. Er sehe ein, dass es Leute, die von 400 bis 500 Euro pro Monat auskommen müssten, wesentlich schwerer hätten als er. Aber die angedeutete Entschuldigung bei Twitter, was, wie ARENA schon einmal ausführte, unter anderem auch „jemanden auf den Arm nehmen“ heisst, reichte nicht aus, um die Wogen zu glätten. Die Spitze der galicischen PP musste ein Kommuniqué herausgeben, in dem sie sich von ihrem Kollegen distanzierte und sogar der Regionalpräsident von Galicien, Feijóo, kritisierte den vorlauten Schwätzer öffentlich. Schliesslich hat der Nachbar Baskenland vorgezogene Neuwahlen für den 21. Oktober angekündigt und Galicie schliesst sich dieser Aktion an. Nachdem die PP gerade erst die Daumenschrauben für den Erhalt von staatlicher Unterstützung ein weiteres Mal angezogen hat, konnte die Äusserung von Guillermo Collarte nicht beleidigender ausfallen.

Die PP-Regierung in Madrid hatte gerade erst verkündet, dass diejenigen Arbeitslosen, deren Anrecht auf Unterstützung erschöpft sei, nur dann auf eine weitere begrenzte Zahl von Monaten mit 400 Euro rechnen könnten, wenn sie total alleinstehend seien. Solche (meist jungen) Leute, die zu ihren Eltern zurückziehen, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben, hätten kein Anrecht auf diese Sonderleistung vom Staat. Andererseits dürfen die Eltern, die ihren erwachsenen Kindern auf diese Weise beim Überleben helfen, die entstehenden Kosten nicht in ihrer Einkommensteuererklärung angeben.

Señor Collarte: „el silencio es un valor seguro“ (Schweigen ist ein sicherer Wert) sagt der Spanier und meint damit haargenau das Gleiche wie wenn wir Deutschen sagen „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Manchmal ist schon ein Zwitschern zu viel!

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