Von berühmten Fiestas und alten Wassergerichten: Spaniens immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe

10.07.2017 - Ana Caballero 

Die Alhambra in Granada, die Kathedrale von Burgos, die Werke von Gaudí, die Altstädte von Toledo, Cuenca, Córdoba, Salamanca – dies sind nur einige der bekanntesten UNESCO-Welterbestätten in Spanien. Die insgesamt 45 materiellen Güter, die von der UN-Organisation UNESCO zum Welterbe erklärt wurden, sind im ganzen Land allgegenwärtig und fehlen in keinem Reiseführer. Weltweit steht Spanien sogar an dritter Stelle mit den meisten Welterbestätten hinter Italien (51) und China (48). Doch neben diesem materiellen Welterbe gibt es bekanntermaßen noch eine weitere Liste der UNESCO, die das immaterielle Kulturerbe umfasst, also Bräuche und Traditionen, Künste und so weiter. Auch hier kann Spanien insgesamt 13 von der UNESCO anerkannte Kulturformen aufweisen. Unter ihnen befinden sich berühmte Traditionen wie etwa der andalusische Flamenco oder die Menschentürme aus Katalonien, aber auch weniger bekannte wie die Pfeifsprache der Insel La Gomera oder die jahrhundertealten Wassergerichte der Mittelmeerregion. Wir haben Spaniens vielfältiges immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe einmal genauer in den Blick genommen.


Spaniens Fiestas

Es verwundert nicht wirklich, dass viele der spanischen Kulturformen des immateriellen UNESCO-Welterbes im Zusammenhang mit den verschiedensten Festen stehen. Einige bestimmte Fiestas sind aufgrund ihres kulturellen Reichtums direkt Teil des Verzeichnisses.

 

Am vielleicht bekanntesten sind davon die erst 2016 aufgenommenen Fallas de Valencia. Jedes Jahr im  März begrüßen die Valenzianer bei diesem Fest die Ankunft des Frühlings. Charakteristisch sind dabei die namensgebenden „fallas”, riesige, aus Pappe und Holz künstlerisch gefertigte Figurengruppen, die traditionell in der letzten Nacht des Frühlingsfestes angezündet werden.

 

Eine andere Art, das Feuer zum Hauptelement eines Festes zu machen, findet sich bei den Feuerfesten zur Sommersonnenwende in den Pyrenäen (Fiestas del fuego del solsticio de verano).  Einer uralten Tradition folgend kommen die Bewohner der Pyrenäen-Gegend während der Nacht der Sommersonnenwende mit brennenden Fackeln von den Berghügeln in ihre Dörfer und Städte hinunter, wo sie mit ihnen Kunststücke vorführen, tanzen oder ein großes Feuer entzünden.

 

Wer schon einmal in Córdoba war, wird sicherlich die wunderschönen Innenhöfe, die „patios”, im Altstadtviertel bewundert haben. Im Mai werden sie jährlich zwei Wochen lang zum Mittelpunkt eines Festes (Fiesta de los patios de Córdoba), bei dem viele von ihnen öffentlich zugänglich sind. Neben einem Wettbewerb, der Preise für die schönsten Dekorationen der Innenhöfe vergibt, finden in ihnen unterschiedliche Veranstaltungen rund um Musik und Tanz statt.

 

Zwar regelmäßig im Rahmen von katalanischen Dorf- und Stadtfesten ausgeführt, im Grunde jedoch eher sportlicher Natur sind die berühmten „castells” aus Katalonien. Die beeindruckenden meterhohen Menschentürme sind seit 2010 ebenfalls Teil des immateriellen UNESCO-Welterbes.


Musikalisches Erbe

Nicht fehlen darf in der UNESCO-Liste selbstverständlich der traditionelle Flamenco aus Andalusien. Diese spezielle Form von Tanz, Gesang und Gitarrenspiel, die sich bei Touristen und Einheimischen gleichermaßen großer Beliebtheit erfreut, wurde ebenso im Jahr 2010 aufgenommen.

 

Doch das immaterielle Weltkulturerbe Spaniens umfasst auch weniger bekannte, aber nicht weniger faszinierende kulturelle Traditionen, wie etwa den Silbo Gomero. Hierbei handelt es sich um ein weltweit einzigartiges Kommunikationssystem aus Pfiffen, das von mehr als 22.000 Bewohnern der Kanareninsel La Gomera beherrscht wird. Es repräsentiert durch die Variation von Tonhöhen und -längen in vereinfachter Form das Lautsystem des Spanischen. Traditionell diente es in den Bergregionen der Insel der Verständigung über mehrere Kilometer hinweg.

 

Auf einer anderen spanischen Insel, der Baleareninsel Mallorca, stellt ein spezieller Gesang eine weitere der von der UNESCO anerkannten Kulturformen dar. Während der Mitternachtsmesse des 24.  Dezembers wird der Canto de la Sibila de Mallorca in allen Kirchen der Insel von einem jungen Mann oder einer jungen Frau vorgetragen.


Diverse Kulturformen

Darüber hinaus erachtet die UNESCO eine eher untypische Kulturform aus der spanischen Mittelmeerregion als besonders wertvoll und schützenswert. Bei den Tribunales de regantes del Mediterráneo español handelt es sich nämlich um jahrhundertealte Rechtsinstitutionen, die nach dem Gewohnheitsrecht für das Wassermanagement zuständig sind. Ihre Ursprünge reichen bis in die maurische Epoche (9.-13. Jh.) zurück. Die wichtigsten sind der Consejo de Hombres Buenos de la Huerta de Murcia (Rat der weisen Männer des Nutzgartengebiets Huerta de Murcia) und das Tribunal de las Aguas de la Huerta de Valencia (Wassergericht von Valencia). Ihre Arbeitsweise zeichnet sich durch Transparenz, Unparteilichkeit und Schnelligkeit aus, wodurch sie großen Respekt und auch eine große Autonomie genießen.

 

Im vergangenen Jahr 2016 deklarierten ferner 18 Länder gemeinsam die über 3.500 Jahre alte Kunst der Falknerei, cetrería, zum immateriellen Welterbe der UNESCO, darunter Spanien, Deutschland und Österreich. Ursprünglich von den Menschen für die Nahrungsbeschaffung eingesetzt, ist das Abrichten der Greifvögel heute eng mit dem Schutz der Natur und des kulturellen Erbes sowie mit sozialen und gemeinschaftlichen Aktivitäten verbunden.

 

Und was fehlt noch, wenn wir von der Kultur eines Landes wie Spanien sprechen? Genau, die Essenskultur. Die Länder Spanien, Griechenland, Italien, Marokko, Kroatien, Portugal und Zypern konnten gemeinsam die Mittelmeerküche (dieta mediterránea) in die UNESCO-Liste aufnehmen. Diese umfasst neben dem über Generationen weitergegebenen Wissen über die Zubereitung der verschiedensten mediterranen Gerichte auf Basis typischer Zutaten auch etwa die Kenntnisse der Landwirtschaft und Viehzucht sowie die Tradition des gemeinsamen Speisens als Form des sozialen Austauschs. Darüber hinaus läuft zurzeit ein Anerkennungsverfahren zur Aufnahme der spanischen Tapas in diese vielfältige Liste der UNESCO über das immaterielle Kulturerbe Spaniens.

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